Darf man Windenergieanlagen im Landschafts-Schutzgebiet errichten?

Darf man Windenergieanlagen im Landschafts-Schutzgebiet errichten?
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Wie bekomme ich grünes Licht für Grüne Energie im Grünen? 

Zwei sinnvolle Ideen zusammenzuführen erzeugt oft Kritik: Wer Windenergieanlagen in Landschafts-Schutzgebiet nach §26 BNatSchG errichten möchte, steht sprichwörtlich im Wind. Doch wusstest Du schon, dass sich unter bestimmten Voraussetzungen beide Bestrebungen vereinen lassen?

Dialog ist Trumpf beim Balanceakt in sensiblen Gebieten 

Dieser Weg wird kein leichter sein – aber mit dem richtigen Ansatz besteht die Chance, dass es sich lohnt, ihn zu gehen. Doch um den Bau von Windenergieanlagen in einem Landschaftsschutzgebiet in die Tat umzusetzen, stehen zunächst einige Herausforderungen im Weg. Noch dazu variieren die Voraussetzungen und Regelungen nach Land und Region. Es existieren jedoch zum Teil Anforderungen, die überall gleich sind. . Zunächst gilt es jedoch zu klären, von welcher Art von Raum wir hier reden. Daher ist zuallererst eine Begriffsdefinition notwendig. 

Naturschutzgebiet vs. Landschafts­schutzgebiet – wo liegt der Unterschied?

Vielleicht bist Du bisher davon ausgegangen, dass in Regionen, in denen die Natur geschützt ist, selbstverständlich keine Windräder gebaut werden. Doch ein Landschaftsschutzgebiet ist kein Naturschutzgebiet: In der Regel umfasst es eine deutlich größere Fläche als der geschützte Raum, auf den der Mensch bisher nur geringen Einfluss genommen hat. Ein Landschaftsschutzgebiet erkennt im Gegensatz zum Naturschutzgebiet nicht nur die kulturhistorische Prägung an, sie ist sogar mitgeschützt. Hier bleibt die grundsätzliche Zugänglichkeit gemeinsam mit der Vielfalt und Eigenart des Gebiets erhalten. 

Laut dem Bundesamt für Naturschutz weisen die 8.903 (Stand 31.12.2019) Landschaftsschutzgebiete in Deutschland eine Gesamtfläche von rund 10,1 Millionen Hektar auf. Das bedeutet, dass 27% der Gesamtfläche Deutschlands dazugehören – eine ganze Menge Platz, um die man, im wahrsten Sinne des Wortes, beim Forcieren erneuerbarer Energien nicht herumkommt. Doch wann genau ist es legitim, diese Flächen zur Errichtung von Windkraftanlagen zu nutzen? 

Wann ist eine Windkraftanlage im Landschafts­schutzgebiet vertretbar? 

Auch wenn ein Landschaftsschutzgebiet die Symbiose zwischen menschlichem Einfluss und natürlichen Gegebenheiten vorsieht, ist die Errichtung von Windkraftanlagen zum Teil strengen Regeln unterworfen. In ausgewiesenen Konzentrationszonen für Windenergie ist gemäß §26 BNatSchG (Bundesnaturschutzgesetz) die Errichtung von Windenergieanlagen in einem Landschaftsschutzgebiet generell erlaubt. Ob die Behörden eine Ausnahmeregelung bzw. die Befreiung nach §67 BNatSchG von den Verbotstatbestände für Anlagen außerhalb dieser Zonen genehmigen, hängt davon ab, ob die folgenden Bedingungen erfüllt sind. Dabei können die gesetzlichen Bestimmungen von Land zu Land bzw. von Region zu Region variieren.  

  1. Umweltverträglichkeitsprüfung 
    Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) analysiert und bewertet mögliche Effekte einer Windenergieanlage auf Pflanzen, Tiere sowie auf das optische Erscheinungsbild eines Landschaftsschutzgebietes. Sie hilft den Behörden dabei, potenzielle Auswirkungen zu erkennen und gegebenenfalls Alternativlösungen vorzuschlagen.
  2. Abwägung öffentlicher Interessen 
    Eines gilt es zu beweisen: Das öffentliche Interesse an der Nutzung erneuerbarer Energien in dem betreffenden Landschaftsschutzgebiet muss gegenüber dem Interesse an der Erhaltung der Umwelt überwiegen. Beispielsweise könnte die Einhaltung von Klimaschutzzielen ein entscheidender Faktor für diesen Nachweis sein. 

    Mit dem §2 EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien ins überragende öffentliche Interesse gesetzt worden.
  3. Einbindung der Öffentlichkeit  
    Zur Förderung der Akzeptanz der avisierten Maßnahme, sollten die Bevölkerung und vor allem die relevanten Interessensgruppen von Beginn an in die Diskussion miteinbezogen werden. Im Rahmen öffentlicher Anhörungen wird die Öffentlichkeit Teil des Entscheidungsprozesses und erhält ihre Chance, Stellungnahmen abzugeben und mögliche Einwände darzulegen.
  4. Kompensationsmaßnahmen  
    Die Veränderung von Landschaftsschutzgebieten ist ein Geben und Nehmen: Maßnahmen zur Kompensation, wie z. B. die Renaturierung anderer Gebiete oder ganz individuelle Schutzmaßnahmen für das für die Installation von Windkraftanlagen vorgesehene Gebiet, sollten frühzeitig Teil der Überlegungen sein.
     
  5. Planungsrechtliche Vorgaben 
    Der Aufbau von Windenergieanlagen muss bereits bestehende planungsrechtliche Vorgaben der Raumordnung erfüllen. Insbesondere die spezifischen Anforderungen des betroffenen Landschaftsschutzgebietes sowie die der übergeordneten Planungsebenen sind hier von entscheidender Bedeutung.

Zu guter Letzt – Die Befreiung von den Verbotstatbeständen wird erteilt 

Sind alle Bedenken der Öffentlichkeit und der Behörden beseitigt und ein schlüssiges Konzept liegt auf dem Tisch, wird eine Ausnahmegenehmigung erstellt. Diese Genehmigung stellt fest, dass die charakteristischen Schutzbedürfnisse eines Gebiets erfüllt sind und stellt sicher, dass der Bau der Anlage für Mensch und Natur vertretbare Folgen mit sich bringt. 

Doch aktuell sieht die Rechtslage nochmal ganz anders aus: sehr zum Vorteil der Windenergie. 

Denn bis die Flächenziele der Bundesländer gemäß §5 WindBG (Windenergie­flächenbedarfs­gesetz) erfüllt sind, dürfen Windenergie­anlagen auch ohne eine Befreiung in Landschafts­schutzgebieten gebaut werden.